Vorgeschichte, Gründung, Aufbau und Entwicklung der TU Graz im Zeitstrahl

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Gründungssituation 2:
Die Stiftung Johanns und ihre Nutzbarmachung durch und für Unterricht.

Als Chef der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt erwarb Johann 1807 Schloss und Herrschaft Thernberg in der Nähe der steirischen Grenze. Von dort besuchte er häufig die nahe gelegene Steiermark.

Bereits für 1808 ist die Suche nach einem geeigneten Haus in Graz zur Aufstellung seiner Bibliothek und sonstigen Sammlungen belegt.

Am 31. Jänner 1809 schreibt er seinem Bruder, Kaiser Franz, einen Brief und ersucht darin um Genehmigung eines Museums am Lyzeum in Graz zur Hebung der Landeswohlfahrt samt Finanzierung eines Professors für den Unterricht. Beigelegt ist ein detaillierter Plan, der sich mit der Aufstellung, Ergänzung und Benützung seiner Sammlungen beschäftigt.

Mit Lyzeum ist die heutige Karl-Franzens-Universität Graz gemeint, die zwischen 1782 und 1827 nicht als Volluniversität, sondern eben als Lyzeum, eine Art Gymnasium mit anschließendem Kurzstudium, geführt wurde (der Name dieses Schultyps leitet sich vom griechischen Lykeion her, dem Ort bei Athen, an dem sich das Gymnasion des Aristoteles befand).

Hintergrund dieser Zurückstufung der Grazer Universität war die (Hoch-) Schulpolitik Maria Theresias und Josephs II, die auf eine starke „Nationalisierung“ = Verstaatlichung des österreichischen Bildungswesens abzielte. So wurde einerseits die Kompetenz über das Hochschulwesen sowohl der Kirche, insbesondere den Jesuiten, als auch den Ländern entzogen und in der Wiener Studienhofkommission, dem Vorläufer des österreichischen Unterrichtsministeriums, konzentriert. Andererseits wurden Finanzmittel von den Universitäten in den Ausbau des Grundschulwesens zur Umsetzung der allgemeinen Schulpflicht umgeschichtet. Universitäten zur Ausbildung von Gelehrten sollte es nur in Wien und Prag geben, die übrigen bisherigen Landesuniversitäten sollten als Lyzeen der praktischen Berufsausbildung dienen und Staatsbeamte (Juristen), Priester (verstanden als staatliche Kultusbeamte) und Mediziner hervorbringen.

Kaiser Franz antwortet seinem Bruder Johann umgehend positiv, jedoch mit einer Einschränkung: Er unterstützt das Museum mehr ideell als materiell – die Finanzierung des am Museum geplanten Unterrichtes aus dem Studienfonds (=aus Staatsmitteln) lehnt er ab.

Daraufhin bieten am 1. April 1809 die steirischen Stände an, die Finanzierung des Unterrichtes aus Landesmitteln (= aus dem Domestikalfonds) zu übernehmen, um das Museum „so gemeinnützig als möglich“ zu machen. Dies genehmigt der Kaiser erst ein Jahr später, am 12. April 1810.

In der Zeit dazwischen führte Österreich neuerlich Krieg gegen Napoleon und verlor in diesem über 100.000 km2 an Reichsfläche im Süden, unter anderem den Zugang zur Adria, an Frankreich. Als Konsequenz daraus wurde Metternich Außenminister und eine Tochter des Kaisers und damit Nichte Johanns mit Napoleon verheiratet.

In diese Zeit fällt auch eine grundsätzliche Änderung von Johanns Konzeption des Museums: In ihm reift der Entschluss, das Museum zwar dem Land zu stiften, aber nicht wie ursprünglich geplant ins Lyzeum zu integrieren und den gewünschten Unterricht ebenfalls nicht am Lyzeum, sondern am Museum selbst zu organisieren, also entweder aus Landesmitteln oder im Notfall aus eigenen Geldern zu bestreiten.Damit ist der Grundstein für eine „eigene“ Lehranstalt, die heutige Technische Universität, gelegt. Über die konkreten Umstände, die zu diesem Sinneswandel des Erzherzogs geführt haben, kann mangels fachhistorischer Aufarbeitung nur spekuliert werden. Vielleicht liegen die Ursachen in den allgemein-politischen und den damit verbundenen wirtschaftlichen Umständen, oder im Verhältnis Johanns zu seinem Bruder, dem Kaiser, oder auch, wie es für die gleichzeitig laufenden Planungen für das Wiener Polytechnikum, den Vorläufer der Technischen Universität Wien belegt ist, in administrativen Querelen im Umfeld der Studienhofkommission.

Nach erfolgter Genehmigung wurde für die Stiftung das heutige Joanneumsgebäude in der Raubergasse erworben, die Finanzierung erfolgte auch dafür wegen des zwischenzeitlichen Staatsbankrotts in Wien durch die steirischen Stände. Formell stellte Johann am 16. Juli 1811 eine Schenkungsurkunde aus. Der Kaiser bewilligte die Schenkung am 20. Juli  und gab dies per Handschreiben vom 25. Juli 1811 den steirischen Ständen bekannt. In der Schenkungsurkunde wird der Unterricht nicht direkt erwähnt, weil er ja nicht von Johann, sondern von den steirischen Ständen als deren eigene Leistung finanziert werden sollte.

Die feierliche Übergabe der Schenkungsurkunde an die steirischen Stände erfolgte am 26. November 1811, der seither als Gründungstag der Technischen Universität gefeiert wird. Der gesamte Stiftungsakt wurde dann am 27. Februar 1812 vom Kaiser bestätigt, der eigentliche Unterricht (das erste Studienjahr am Joanneum) begann schließlich mit dem folgenden Wintersemester im November 1812.

Wolfgang Wallner