Kellner Thomas

Dipl.-Ing.Foto Kellner Thomas 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2014
Kategorie Master-/Diplomarbeiten
1. Preis

Titel
Struktur und Morphologie von Wirkstoffen in Laminaten und deren Einfluss auf das Freisetzungsverhalten
Kurzfassung
Mit der Einschätzung, dass Peptide, Proteine, sowie ihre Derivate und Analoga die Therapie in Zukunft revolutionieren werden, wird nach geeigneten Applikationswegen gesucht, diese Arzneistoffe systemisch zur Wirkung zu bringen. Zukunftsweisend sind dabei Darreichungsformen, die in Form von buccalen Filmen bzw. Laminaten die Stabilitätsprobleme dieser neuen Arzneiformen bei oraler Applikation vermindern. In dieser Arbeit wurden Arzneistoffschichten auf festen Oberflächen mittels lösungsmittelbasierenden Methoden deponiert und hinsichtlich ihrer morphologischen, strukturellen und wirkstofffreisetzenden Eigenschaften untersucht. Durch Auftropfen und Spincoating ist es möglich gewesen, definierte Schichten herzustellen, die aus einem puren Arzneistoff oder aus einem in einer Matrix gebundenen Arzneistoff bestehen. Es konnte gezeigt werden, dass das Auftropfen die einfachste Möglichkeit ist, definierte Schichten an Oberflächen herzustellen. Des Weiteren ist es durch diesen Prozess möglich geworden, sehr dicke Schichten von mehreren Nanometern bis zu einigen Millimetern zu erhalten. Es hat sich gezeigt, dass das Spincoating ein sehr schneller Prozess für die Beschichtung von festen Oberflächen ist. Außerdem können mittels Spincoating gelöste Arzneistoffe wie Koffein oder Ibuprofen in Schichtdicken von wenigen Nanometern bis hin zu hundert Nanometern definiert und homogen auf den Oberflächen deponiert werden. Um den Laminaten unterschiedliche Film- und Freisetzungseigenschaften zu verleihen, kamen mehrere Polymermaterialien wie Polystyrol, Methylzellulose und Hydroxyethylzellulose zum Einsatz. Als Modellsubstanz wurde in diesen Matrixkombinationen immer Ibuprofen ausgewählt, welches zum Teil in der Matrix auskristallisierte oder auf einen dünnen Polymerfilm aufgebracht wurde.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Wie kann man empfindliche Arzneistoffe, die sich im sauren Magensaftmilieu zersetzen würden, einfach und schnell applizieren? Intravenös lautet wahrscheinlich eine der häufigsten Antworten. Die Applikation per Spritze birgt für den Patienten allerdings einige Gefahren, zum Beispiel ein erhöhtes Infektionsrisiko oder die Verletzung von Blutgefäßen, und ist zudem meist nur schwierig selbstständig umsetzbar. Aus diesem Grund handelt diese Arbeit davon, eine Darreichungsform zu entwickeln, die bukkal über die Mundschleimhaut appliziert werden kann. Auf diese Weise können Arzneistoffe verabreicht werden, die wegen ihrer chemischen Struktur zu instabil für die Magen-Darm-Passage wären. Außerdem ist mit einer guten Patienten Compliance zu rechnen, da die Filme bzw. Laminate sich komfortabel und einfach applizieren lassen. Angesichts der permeablen Mundschleimhaut kann der Wirkstoff außerdem schnell und systemisch zur Wirkung gebracht werden, was vor allem durch die permeable Mundschleimhaut zu erklären ist, über die der Wirkstoff direkt in die obere Hohlvene gelangt. Dadurch wird die bei Tabletten oder Kapseln obligatorische Leberpassage umgangen. Neben dem schnelleren Wirkeintritt kommt die Darreichungsform für den zu erzielenden therapeutischen Effekt auch mit einer geringeren Wirkstoffkonzentration aus, da durch Umgehung des Magen-Darm-Traktes der First-Pass-Effekt wegfällt. Die Idee der bukkalen Applikationsform ist nicht gänzlich neu, allerdings sind die verfügbaren Daten zu Filmen bzw. Laminaten recht gering und nur für wenige ausgewählte Formulierungen untersucht. Infolgedessen lag eines der Hauptaugenmerke der Arbeit auf der Charakterisierung der Laminate bzw. Filme, um die Grundlage für weitere Entwicklungen zu schaffen. In der Arbeit konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, dünne Wirkstoffschichten herzustellen, die einige Nanometer bis hin zu mehreren Millimetern dick sind. Durch die Filmdicke lassen sich unter anderem die Wirkstoffkonzentration und zum Teil auch das Freisetzungsverhalten des Wirkstoffs beeinflussen. Den größeren Einfluss auf das Freisetzungsverhalten haben allerdings die zum Einsatz gekommenen Polymere, durch die das Freisetzungsverhalten des Wirkstoffs direkt gesteuert werden kann. Somit ist unter anderem eine direkte Freisetzung des Arzneistoffs möglich, aber auch eine retardierte Wirkstofffreisetzung. Bei der retardierten Wirkstofffreisetzung wird der Wirkstoff kontinuierlich über eine längere Zeit von der Darreichungsform abgegeben. Als Beispiel sei die Anwendung bei Hormonen erwähnt. Durch die retardierte Wirkstofffreisetzung können hohe Wirkstoffmaxima im Blut und damit Nebenwirkungen vermieden werden. Unter anderem ist eine gleichmäßigere Substitutionstherapie möglich. Die mit verschiedenen physikalischen Methoden (Polarisationsmikroskopie, Rasterkraftmikroskopie, Röntgendiffraktometrie, dynamische Differenzkalorimetrie, UV/VIS-Photometrie) untersuchten und charakterisierten Laminate bilden eine gute Grundlage für weitere Arbeiten, weshalb über diese Arbeit eine Publikation geschrieben wurde, die sich zur Zeit in der Einreichungsphase befindet. Aufgrund der vielen neuen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Erforschung von Peptiden, Proteinen, sowie ihrer Derivate und Analoga, wird in Zukunft auch die Nachfrage nach neuen Darreichungsformen steigen, um diese Wirkstoffklasse einfach, schnell und komfortabel applizieren zu können.