Walzel Bernhard

Dipl.-Ing.Foto Walzel Bernhard 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2013
Kategorie Master-/Diplomarbeiten
1. Preis ex aequo

Titel
Konzeptentwicklung und FEM-Festigkeitsanalyse eines PKW-Leichtbauradträgers
Kurzfassung
Die Diplomarbeit befasste sich mit der Konzeptentwicklung eines Leichtbauradträgers (Schwenklager) für eine PKW-Vorderradaufhängung. Dieser wurde als Teil eines Gesamtfahrzeugkonzeptes CULT (Cars Ultra Light Technologies) der Firma Magna Steyr Fahrzeugtechnik Graz umgesetzt. Im ersten Schritt wurde auf bestehende Vorderachsbauarten und deren Belastungseinfluss auf den Radträger eingegangen und mittels einer Patent- und Literaturrecherche der Stand der Technik im Schwenklagerbau untersucht. Anschließend wurde eine FEM (Finite Elemente Analyse)- Festigkeitsberechnung an einem einfachen Radträger-Modell durchgeführt, um weitere Erfahrungen bezüglich der Belastungssituation zu gewinnen. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurden Leichtbauradträgerkonzepte erstellt und systematisch auf die zu erwartenden Gewichteinsparungspotenziale, Kosten und Betriebsfestigkeiten bewertet. Leichtbau steht oft in Verbindung mit steigenden Ausgaben und Aufwand. Da große Produktionszahlen angestrebt wurden, war es Aufgabe, einen angemessenen Konsens zwischen Gewicht und Kosten zu finden. Im Zuge der Konzeptfindung wurden die Vorteile bionischer Strukturen näher ins Auge gefasst und aufbauend auf mathematische Strukturoptimierungsverfahren ein Designvorschlag mit geringem Gewicht erarbeitet. Dann war es Aufgabe, diesen dreidimensionalen, netzartigen Designvorschlag in eine gussfähige Bauteilstruktur überzuführen. Durch verschiedene Varianten und einhergehender FEM-Festigkeitsberechnungen konnte ein leichtes Bionik-Schwenklager mit den erforderlichen Guss-Restriktionen entworfen werden. Anschließend galt es, die Charakteristika des Bionik-Schwenklagerkonzeptes näher zu erfassen und mit üblichen Schwenklagerbauarten zu vergleichen. Ein Überblick über das weitere Vorgehen sowie Zukunftsaussichten des erarbeiteten Konzeptes rundeten den Umfang dieser Arbeit ab.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Die Senkung des CO2-Ausstoßes sowie das Streben nach verbesserten Fahreigenschaften im Automobilbereich erfordern vermehrt Maßnahmen zur Reduzierung der Fahrzeugmasse. Da die technischen Möglichkeiten hinsichtlich Festigkeit, Dauerhaltbarkeit usw. von gängigen Materialien wie Stahl bereits zur Gänze ausgeschöpft sind, muss oft auf kostspielige Leichtbaumaterialien zurückgegriffen werden. Nicht nur Energie- und Arbeitsaufwand erhöht sich dadurch sehr stark, sondern der Mehraufwand verursacht auch höhere Kosten für den Kunden. Im Mittelpunkt der Überlegungen stand im Falle der Diplomarbeit unter diesen Gesichtspunkten vor allem das Grundkonzept und welche Gewichtseinsparungen damit einhergehen könnten, des Weiteren sollten auch die mit der jeweiligen Bauweise verbundenen Herstellkosten nicht vernachlässigt werden. Das CULT-Projekt hat sich auf eine kalkulatorische Produktionszahl von 30000 Fahrzeugen pro Jahr festgelegt, dies sollte zur Einschränkung der Konzeptgenerierung bezüglich besonders kostspieliger Ausführungen dienen. Einige Schwenklagerpatentanmeldungen befassten sich mit Materialien wie glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), Metall-Matrix-Verbundwerkstoffe (MMC) oder kohlenstoff-faserverstärkten Kunststoff (Carbon), jedoch konnten durch weitere Recherchen keiner dieser Konzepte in aktuellen Serienfahrzeugen gefunden werden. Sehr wahrscheinlich ist dies auf die damit verbundenen Kosten und zum Teil mit der Problematik dieser Werkstoffe im Einsatz bei sicherheitsrelevanten Bauteilen zurückzuführen. Zusammenfassend lieferte das Bionik-Schwenklagerkonzept folgende Ergebnisse, Gewicht: Als Zielgewicht wurde von MSF 2,8 kg angestrebt, mit Hilfe der bionischen Struktur und hochfestem Gussstahl konnte ein Endgewicht von 2,24 kg erreicht werden. Die Festigkeit wurde mittels einer FEM-Berechnung nachgewiesen und kann als unproblematisch eingestuft werden. Steifigkeit: Durch netzartige Struktur entstand ein steifes Bauteil, was einer Verbesserung der Fahreigenschaften zugutekommt. Durch die vorteilhafte Positionierung des Bremssattels konnten die resultierenden Radlagerkräfte ebenfalls stark verringert werden. Bruchdehnung und Elastizität: Der verwendete Werkstoff Sibodur 700-10 weist nicht nur eine hohe Festigkeit auf, sondern bietet auch eine Elastizität, welche im Bereich von üblichem Sphäroguss mit geringer Festigkeit liegt. Mit einer Bruchdehnung von 10% kann man von einer ausreichenden Verformung vor Versagen ausgehen. Verschleiß und Korrosion: Ähnliche Korrosionsempfindlichkeiten wie bei üblichen Guss-Bauteilen im Fahrwerkseinsatz sind zu erwarten. Im Gegensatz zu anderen bestehenden Schwenklager-Leichtbaulösungen mussten metallische Komponenten nicht zusätzlich verschweißt oder aufwändig integriert werden, was weitere Angriffsstellen für Korrosion und Abnützungserscheinungen im Voraus verhindert. Wirtschaftlichkeit: Durch den bei großen Stückzahlen günstigen Gießvorgang und der anschließenden automatisierten spanenden Nachbearbeitung bewegt sich der Fertigungsprozess in einem angemessen Kostenrahmen, der sich nicht wesentlich von jenen üblicher Gussschwenklagerkonzepte unterscheidet. Das Schwenklager ist im aktuellen CULT-Prototypenfahrzeug verbaut. In Zukunft beschränkt sich der Einsatz des Bionik-Konzeptes nicht nur auf die CULT-Vorderachse, sondern kann durch die hervorragenden Eigenschaften im Elektrofahrzeug bis hin zum Rennsportwagen eingesetzt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass durch bionische Bauteilgeometrien, in Verbindung mit hochfesten Werkstoffen und neuesten Gussverfahren, eine Reduzierung des Gewichtes möglich ist. Die oben genannten Eigenschaften können dabei erhalten bzw. verbessert werden, ohne dabei Umwelt und Kunde stärker zu belasten.