Prossliner Gerhard

Dipl.-Ing.Foto Prossliner Gerhard 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2012
Kategorie Master-/Diplomarbeiten
2. Preis

Titel
Design eines Laserapplikators für die photodynamische Therapie intrathorakaler Tumore
Kurzfassung
Die Zielsetzung dieser Diplomarbeit ist der Entwurf eines Lichtapplikators für die photodynamische Therapie intrathorakaler Tumore, da bisher diesbezüglich keine geeigneten Produkte kommerziell erhältlich sind. Für die homogene Bestrahlung großflächiger Neoplasien wird am Beispiel des Pleuramesothelioms ein beidseitig abstrahlendes Applikatorpad mit einer Größe von ca. 15cm x 10cm konzipiert, welches aufgrund des flexiblen Designs eine hohe Anpassungsfähigkeit an anatomische Strukturen aufweist. Im Hinblick auf eine hohe Uniformität der Ausleuchtung, erfolgt eine simulationsbasierte Optimierung der optischen und geometrischen Parameter des Applikators. Neben dem virtuellen Prototyping werden die für eine Realisierung nötigen Werkstoffe bezüglich Anwendbarkeit und Verarbeitung anhand der Herstellung einiger Probediffusoren getestet. Es werden zwei Varianten des flexiblen Applikatormodells für die photodynamische Therapie großflächiger Tumore vorgestellt, die eine sehr hohe Ausleuchtungsuniformität (bis zu 96%) und eine einfache Fertigung aufweisen. Ein innovatives Alternativkonzept als Folgeprojekt wird diskutiert. Diese Arbeit beinhaltet die Grundlage für eine praktische Umsetzung und Anwendung des Applikators.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Die Entdeckung neuartiger Werkstoffe öffnete seit jeher Pforten für neue Anwendungen und Technologien; zu diesen Werkstoffen zählt der bereits seit der Antike bekannte Asbest. Diese häufig als „Wunderfaser“ bezeichnete Mineralfaser gilt ob seiner herausragenden chemischen und physikalischen Eigenschaften v. a. seit dem 19. Jh. als essentieller Werkstoff unterschiedlichster, für die technologische und gesellschaftliche Entwicklung grundlegender Industriezweige. Doch mit der zunehmenden Verbreitung stellte sich bald die Toxizität von Asbest heraus. Bereits 1970 wurde Asbest offiziell als karzinogen deklariert. Asbest-Verbote traten im deutschsprachigen Raum 20 Jahre später in Kraft, das EU-weite Verbot folgte 2005. Die weltweite sozio-ökonomische Dimension dieser falschen Abschätzung von Technologiefolgen zeigt sich heute in stetig zunehmenden Diagnosen Asbestinduzierter Krankheiten. In Deutschland stieg die Anzahl diesbezüglicher Todesfälle seit 1980 um über das 20-fache, europaweit werden bis 2020 über 130.000 Todesfälle prognostiziert. Die häufigste letale Asbest-induzierte Krankheit stellt dabei das maligne Pleuramesotheliom (mPM) dar. Aufgrund der hohen Latenzzeit von bis zu 40 Jahren wird das Maximum der Erkrankungen im EU-Raum um 2030 erwartet. Die Inzidenz korreliert mit dem Abbau und Verbrauch von Asbest: Australien, Belgien und Großbritannien zeigen mit 30 die höchste Inzidenz, Tendenz steigend. Für Russland, China und Indien (die weltweit größten Produzenten und Verbraucher von Asbest) liegen keine offiziellen Zahlen vor. Die lokale Bedeutung zeigt sich am Univ.-Klinikum LKH Graz, wo jährlich etwa 20 Neuerkrankungen diagnostiziert werden: die Mehrheit der Patienten sind ehemalige Arbeiter des Kraftwerks Mellach. Das als Berufskrankheit anerkannte mPM erweist sich als häufigster berufsbedingter Tumor, die mittlere Lebenserwartung liegt bei 6-12 Monaten. Derzeit existiert keine kurative Therapie, mit multimodalen Behandlungen werden vorwiegend palliative Maßnahmen gesetzt, welche eine massive Einschränkung der Lebensqualität der PatientInnen mit sich bringen. In der Forschung stellt die relativ junge photodynamische Therapie (PDT) einen großen Hoffnungsträger zur Therapie des mPM dar: Sie erlaubt – im Gegensatz zur Chemooder Strahlentherapie – eine gezielte, lokal beschränkte Zerstörung von Tumorgewebe mittels eines durch Licht aktivierbaren Phototherapeutikums bei gleichzeitiger Aktivierung des Immunsystems. Diese verhältnismäßig kostengünstige Therapie zeigt hohe Erfolgsraten und eine sehr gute Patientenakzeptanz. Allerdings sind kommerziell keine geeigneten Lichtapplikatoren für die PDT großflächiger Tumore wie das mPM erhältlich. Dies gab den Anstoß zu dieser Diplomarbeit, in der ich einen neuartigen, flexiblen Lichtapplikator konzipiert und optimiert habe. Dieser ermöglicht erstmalig eine intraoperative PDT des mPM und bietet somit auch erstmalig die Chance einer kurativen Therapie. Daneben kann der Applikator das Anwendungsspektrum der PDT beträchtlich erweitern, so sind intraperitoneale und dermatologische Anwendungen denkbar. Wenn wir früher von Asbest profitieren wollten, so muss man heute gegenüber den gravierenden gesundheitlichen Folgen Verantwortung zeigen. Asbest-induzierten Krankheiten bestmöglich entgegenzuwirken ist eine moralische Verantwortung, die sich aus einer gesellschaftlichen Verpflichtung gegenüber der vorwiegend betroffenen Arbeiterschicht ergibt, welche eine Basis unserer industrialisierten Gesellschaft darstellt.