Rossegger Elisabeth

Dipl.-Ing.Foto Rossegger Elisabeth 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2011
Kategorie Master-/Diplomarbeiten
1. Preis

Titel
Vernetzung nicht-funktionalisierter Poly(hydroxyalkanoat)e
Kurzfassung
Biopolymere sind natürliche Makromoleküle, die aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen werden und biologisch abbaubar sind. In Zeiten limitierter Erdölvorkommen und hoher Relevanz der Kohlenstoff-Fußabdrücke gewinnen sie zunehmend an Bedeutung. Aufgrund der niedrigen thermischen Stabilität erfolgt der industrielle Einsatz jedoch in nur geringem Ausmaß verglichen mit petrochemisch basierten Kunststoffen. Durch eine Vernetzung der Biopolymere soll dem thermischen Abbau und somit dem Kettenbruch bei der Prozessierung präventiv entgegengesteuert und dadurch die mechanischen Eigenschaften der Biopolymere verbessert werden. Im Zuge dieser Arbeit wurden kurzkettige Poly(hydroxyalkanoat)e PHAs erfolgreich photochemisch mit hoher Reproduzierbarkeit bei Raumtemperatur vernetzt. Dazu wurden dünne Filme eines PHA-Copolymers mit einem Photoinitiator erstmalig unter UV-Belichtung vernetzt. Hohe Vernetzungsraten, repräsentiert durch Gelfraktionen von bis zu 90%, wurden bereits bei Belichtungsdauer von unter einer Minute erreicht. Der optimale Photoinitiatorgehalt wurde zu drei Gewichtsprozent bestimmt. Darüber hinaus wurden PHA-Copolymer-Filme auf in der Halbleiterindustrie eingesetzten Substraten über eine Maske photochemisch strukturiert, wodurch das Potential der PHAs als umweltfreundliche Alternative in der großtechnisch präsenten Photolithographie als Photolack aufgezeigt wurde. Weiters konnten die PHA-Copolymer-Filme auf weiteren Substraten und Polymeren als kompostierbare Beschichtung eingesetzt werden. In dieser Arbeit wurden abschließend die Parameter für die Herstellung von Formkörpern durch Spritzguss optimiert. Die physikalischen Kenngrößen wurden in Zugversuchen ermittelt und zeigten mit konventionellen Kunststoffen vergleichbare Werte.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Herkömmliche Kunststoffe werden aus petrochemischen Rohstoffen im großen Maßstab produziert und ermöglichen die heutige, moderne Lebensweise. Deren Herstellung ist abhängig von der begrenzten Ressource Rohöl; zudem sind erdöl-basierte Kunststoffe gegen biologischen Abbau langzeit-beständig. Biopolymere aus nachwachsenden Rohstoffen ermöglichen einen viel versprechenden Ausweg aus der bestehenden Problematik, indem sie durch ihre biologische Kompostierbarkeit das Entsorgungsproblem reduzieren und den Wunsch der Konsumenten nach Nachhaltigkeit erfüllen. Typische Vertreter sind Poly(hydroxyalkanoat)e PHAs, die von Mikroorganismen synthetisiert und von diesen intrazellulär als Reservepolymer gespeichert werden. Nicht nur Verpackungsmaterialien, sondern auch der großtechnische Einsatz von Fotolacken belasten die Umwelt nachhaltig und sind geeignete Kandidaten für Biopolymere. Auch in der Medizin sollen biokompatible Materialien für resorbierbare Implantate entwickelt werden, die in definierten Zeitfenstern im Körper abgebaut werden und somit nicht durch einen zusätzlichen operativen Eingriff entfernt werden müssen. Motiviert durch diese Umstände wurden in dieser Arbeit PHAs mit kurzen, nicht-funktionalisierten Seitenketten verwendet. Deren Vorteile liegen in der Verwertung von preisgünstigen Kohlenstoffquellen aus industriellen Abfallprodukten als Nährmedium für die Mikroorganismen, die nachhaltige, geschlossene Kreisläufe und somit erhöhte Wirtschaftlichkeit ermöglichen. Obwohl die physikalischen Eigenschaften dem klassischen Kunststoff Polypropylen ähneln, erfolgt die großtechnische Verwendung aufgrund geringer thermischer Stabilität derzeit in keinem vergleichbaren Ausmaß zu petrochemisch basierten Kunststoffen. Das Ziel der Arbeit war die Vernetzung des Polymers bis zur Unlöslichkeit bzw. in Hinblick auf die Materialentwicklung für Implantate, die Abbaurate gezielt zu variieren. Als erfolgreich erwies sich dabei die photochemische Vernetzung unter Zusatz eines Photoinitiators mit hoher Reproduzierbarkeit bei Raumtemperatur. Weiters wurden biologisch kompostierbare PHA-Copolymer-Filme auf Indium-Zinn-Oxid-Substraten über eine Maske photochemisch vernetzt. Die erfolgreiche Strukturierung beweist das Potential der PHAs für eine zukünftige, umweltfreundliche Alternative in der Photolithographie als Photolack, der großtechnisch von enormer Wichtigkeit ist. Die Arbeit wurde am Institut für Chemische Technologie von Materialien an der TU Graz innerhalb des Laura Bassi Zentrums BRIC: BioResorbable Implants for Children durchgeführt. Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines alternativen biokompatiblen Materials für Implantate, die die Heilung gebrochener Kinderknochen unterstützen und danach vom Körper metabolisiert werden. In Kombination mit einem photosensitiven Vernetzungsreagenz ist es im Zuge dieser Masterarbeit gelungen, eine UV-induzierte Vernetzung der als reaktionsträge bekannten scl-PHAs bei Raumtemperatur zu erzielen, die einerseits dem thermisch induzierten Kettenbruch präventiv entgegenwirkt und die Energiekosten minimiert. Der Verzicht funktioneller Gruppen vereinfacht den Herstellungsprozess des Biopolymers und erhöht gleichzeitig die Kosteneffizienz. Darüber hinaus liefern die Ergebnisse dieser Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Implantat-Materialentwicklung, um operative Eingriffe zu reduzieren und somit Kindern ein weiteres traumatisierendes Erlebnis zu ersparen.