Kainz Bernhard

Dipl.-Ing. Dr.techn.Foto Kainz Bernhard 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2011
Kategorie Dissertationen
1. Preis

Titel
Volumetrische dreidimensionale Bildsynthese für fortgeschrittene medizinische Anwendungen
Kurzfassung
Diese Dissertation befasst sich mit Problemen der volumetrischen dreidimensionalen Bildsynthese jenseits bekannter Algorithmen in einem medizinischen Kontext. Volumetrische Bildsynthesealgorithmen werden üblicherweise direkt auf der Grafikkarte (Graphics-Processing-Unit -- GPU) ausgeführt und zeigen oft schwerwiegende Limitierungen wenn mehrere Volumen gleichzeitig zu verarbeiten sind. Mehrere Volumen treten häufig bei modernen bildgebenden Diagnoseverfahren auf, wenn mehrere Bildmodalitäten für denselben Patienten verwendet werden. Diese Daten müssen innerhalb einer Szene mit höchstmöglicher Genauigkeit und maximaler Interaktivität dargestellt werden. Da dies mit aktuellen Systemen nicht möglich ist, wird häufig auf reine zweidimensionale Untersuchung der vorhandenen Volumsdaten zurückgegriffen, letztendlich auch aus Kostengründen. Daher untersucht die vorliegende Arbeit im ersten Teil mittels einer Umfrage unter mehr als zwei Dutzend Medizinern, ob dreidimensionale Bildsynthese in der klinischen Praxis überhaupt erforderlich ist. Da dies unter bestimmten Voraussetzungen positiv beantwortet werden kann, haben der Autor dieser Arbeit und dessen Kollegen während der letzten Jahre Algorithmen entwickelt, die die Nachteile aktueller volumetrischer dreidimensionaler Bildsynthese größtenteils beseitigen. Diese Algorithmen basieren auf dem Prinzip, dass virtuelle Strahlen in einer dreidimensionalen Szene verfolgt werden. Durch die Ausnutzung modernster GPU Speicherarchitekturen ist es dem Autor gelungen diese Strahlenverfolgung so effizient zu gestalten, dass die Darstellung mehrerer beliebig verschnittener Volumen in Echtzeit möglich wurde.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Medizinische Kunstfehler werden in der Gesellschaft immer noch als Tabuthema betrachtet. Den „Göttern in Weiß“ werden menschliche Irrtümer nur selten von Seiten der Patienten, noch von Seiten der Ärzteschaft zugetraut. Das zeigt sich auch in den immer wieder veröffentlichten Studien die versuchen, ärztliche Fehlentscheidungen aus dem Bereich der Dunkelziffern in nachvollziehbare Zahlenwerte zu bringen. Nur 935 von 17.500 anonym befragten Medizinern waren bei einer solchen kürzlich in Deutschland veröffentlichten Studie, überhaupt bereit, Auskunft über ihre Fehlbarkeit zu geben. Jeder vierte der Teilnehmer gab zu, dass es zumindest einmal pro Monat zu Komplikationen aufgrund von Fehleinschätzungen kommt. Die Gründe für Fehler sind mannigfaltig. Eine der Ursachen kristallisiert sich allerdings bei Tätigkeit in einem klinischen Umfeld rasch heraus: Überforderung bei der Auswertung von Unmengen diagnostischer Daten. Vor allem in Bereichen wie der Radiologie oder Chirurgie wachsen die Datenmengen und die Zahl der zur Verfügung stehenden bildgebenden Verfahren schneller als der in einem Computer zur Verfügung stehende Speicher. Eine vollkommen fehlerfreie, rein manuelle Auswertung, wie sie immer noch klinische Praxis ist, ist daher jetzt schon eigentlich nicht möglich. An diesem Punkt setzt Forschung im Bereich medizinischer Bildverarbeitung und Visualisierung an. Meist enthalten weitere bildgebende Verfahren Zusatzinformation über zum Beispiel über die Lage von Blutgefäßen oder Nervenfasern, die nach Möglichkeit nicht verletzt werden sollten. Diese Daten bestehen aber oft aus zehntausenden Einzelbildern, die nicht nur aus zeitlichen Gründen ohne Nachverarbeitung nicht direkt auswertbar sind. Die Herausforderung der medizinischen Bildverarbeitung und Visualisierung besteht nun darin, diese Daten automatisch korrekt auszuwerten und das Auswertungsergebnis interaktiv darzustellen. Ich habe dafür in meiner Dissertation spezielle Algorithmen entwickelt, die die Überführung von vielen Einzeldatensätzen in eine einzige, einfach auswertbare Visualisierung in kürzest möglicher Zeit ermöglichen. Meinen Kollegen und mir ist es erstmals gelungen erstmals dutzende volumetrische Datensätze in Echtzeit und dreidimensional darzustellen und diese Errungenschaft direkt für neuartige Visualisierungsmethoden zu nutzen. So ist es zum Beispiel äußerst schwierig, den idealen Weg zu einem Tumor zu finden, der von unterschiedlichen verwundbaren Strukturen umgeben ist. Der übliche Weg entsprechende Eingriffe zu planen ist alle verfügbaren Daten separat zu beurteilen um einen eigenen, der Ausbildung und Erfahrung entsprechenden, Gesamtüberblick zu erhalten. Dieser Überblick kann nur schwer kommuniziert werden und kann auch bereits bei der Planung zwischen Ärzten zu Missverständnissen führen. Unser System, das mittlerweile im Einsatz für die minimalinvasive Behandlung von Leberkrebs ist, kann hingegen alle verfügbaren Daten so zusammenfassen, dass eine Überblicksdarstellung mit allen möglichen und sicheren Pfaden zum gesamten Tumorvolumen möglich wurde. Neben weiteren Anwendungsmöglichkeiten der von mir gezeigten Methoden, wie zum Beispiel der hochgenauen Lokalisierung von bösartigen Strukturen in realen Operationsszenarien, gehe ich davon aus, dass meine Arbeit zu einer verbesserten Kommunikation und Wahrnehmung patientenspezifischer Gegebenheiten und zu einer Aufwertung der medizinischen „Fehlerkultur“ führt.