Danzl Reinhard

Dipl.-Ing. Dr.techn.Foto Danzl Reinhard 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2005
Kategorie Dissertationen
1. Preis

Titel
Integration von 'Shape from Stereo' und 'Shape from Focus' zur Oberflächenrekonstruktion in der Lichtmikroskopie
Kurzfassung
In dieser Arbeit wird ein neues Verfahren zur Oberflächenrekonstruktion von mikroskopischen Objekten vorgestellt, das auf einer Integration der Methoden Shape from Stereo und Shape from Focus basiert. Es wird auf zwei optische Mikroskopsysteme angewandt, die es ermöglichen, eine Probe von verschiedenen Seiten zu betrachten und die Distanz zwischen Objekt und Objektiv zu verändern. Das erste Mikroskopsetup wurde neu entwickelt und besteht aus einem Mikroskop-Tubus der euzentrisch um das Objekt rotiert werden kann. Das zweite Setup ist ein handelsübliches CMO Stereomikroskop, dessen stereoskopische Bilder durch ein grosses gemeinsames Objektiv erzeugt werden. Frühere Versuche basierten entweder auf Shape from Focus, das bei geringer Vergrößerung Triangulationsmethoden unterlegen ist, oder auf stereoskopischen Methoden, die Probleme mit der geringen Schärfentiefe in optischer Mikroskopie haben. Der neue Algorithmus verwendet stereoskopische Verarbeitung von mehreren Bildern in Bereichen mit diffuser Reflexion und eine Erweiterung von Shape from Focus auf mehrere Blickrichtungen in Bereichen mit reflektierenden Reflexionseigenschaften, die keine Stereoauswertung erlauben. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Kalibration der Mikroskope und die Ableitung der geometrischen Beziehungen zwischen den Bilderstapeln. Es zeigt sich, dass der Algorithmus besonders für die Rekonstruktion von Objekten mit wenig Textur oder vielen reflektierenden Regionen geeignet ist.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Im Laufe der Dissertation wurde ein neues System zur Oberflächen-Rekonstruktion von mikroskopischen Proben mithilfe von Stereo-Licht-Mikroskopen (SLM) entwickelt, das auf einer Fusion von 3D Rekonstruktionsmethoden beruht, die einerseits stereoskopische und andererseits Schärfeninformation aus Bildern verwenden. Während bis jetzt nur ca. 5 Publikationen zur 3D Rekonstruktion für SLM existieren, und diese meist nur Rand- bzw. vereinfachte Fragestellungen behandeln, konnten in der Dissertation drei Hauptprobleme gelöst bzw. verringert werden: erstens die schwierige Kalibration von SLM, zweitens die geringe Tiefenschärfe und drittens die problematische! Rekonstruktion von spiegelnden Oberflächen. Für die Realisierung der Dissertation waren mehrere verschiedene Disziplinen notwendig: die Konstruktion des Prototypen-Aufbaus, Physik (Optik) für die Strahlengänge im Mikroskop, Mathematik für das Design der Optimierungsmethoden zur Oberflächenrekonstruktion und Informatik (besonders Bildverarbeitung) für die Programmierung der Software. Um die Methoden und Technologien die während der Dissertation entstanden sind in ein Produkt zur Oberflächenvermessung mit Stereomikroskopen überzuführen, wurde ein 2-jähriges Impulsprojekt beim FWF eingereicht und bewilligt, im Rahmen dessen ich seit Dezember 2004 in einem Dienstverhältnis bei Alicona Imaging (Jungunternehmen des Jahres 2004) an der Umsetzung der Forschungergebnisse arbeite. Die Dissertation (Promotion sub auspiciis Juni 2005) ist bis zum Jahr 2009 gesperrt, um zu gewährleisten, dass das gewonnene Know-How nicht von den großen Stereo-Mikroskop-Herstellern übernommen wird, die weitaus mehr wirtschaftliche und personelle Ressourcen besitzen als Alicona Imaging. Die neu entwickelten Technologien fließen bereits in ein Produkt zur Oberflächenmessung für Stereo-Licht-Mikroskope ein, das zum weltweit ersten in diesem Bereich zählt, und das namhafte Stereomikroskop-Hersteller verwenden wollen, um nicht wie bisher mikroskopische Proben nur visuell untersuchen zu können, sondern um 3D Modelle zu erstellen, die quantitativ vermessen werden können. Jährlich werden weltweit mindestens mehrere Tausend Stereomikroskope verkauft, wobei mindestens 10% der Kunden als mögliche Käufergruppe angenommen werden kann. Mithilfe dieses Produktes kann es z.B. Biologen ermöglicht werden, verschiedenste Proben (Pflanzen, etc.) dreidimensional zu erfassen, zu vermessen und zu katalogisieren. Pharmaunternehmen können ihre Produkte überprüfen und feststellen, ob Tabletten fehlerhaft sind. In der Automobilindustrie können verschiedenste Bauteile vermessen und in der Archäologie z.B. alte Knochenfunde untersucht und klassifiziert werden. Die Dissertation hat also einen Nutzen für eine Vielzahl von Bereichen in Wissenschaft und Industrie. Sie hat nicht nur Relevanz für Spezialisten in der mikroskopischen Oberflächen-Messtechnik sondern bietet auch für normale Anwender eine völlig neue Art mikroskopische Oberflächen zu untersuchen.